Für oder gegen Fortschritt?

In den letzten drei Jahrhunderten hat sich das Leben auf unserem Planeten, insbesondere in den westlichen Staaten, grundlegend gewandelt. Technologischer Fortschritt, die Entstehung der Industriegesellschaft und die vielfältige Medienlandschaft sind Phänomene, die in der Renaissance noch nicht existierten. Doch stellt sich die Frage: Hat dieser Fortschritt die Menschheit vorangebracht? Oder gefährdet er gar das Überleben unseres Planeten und der Menschen?

In den Romanen von Hollydeva sind es die Alchymisten, die für die Entwicklung neuer Technologien verantwortlich zeichnen. Der Nacharya Saphed fördert diesen Fortschritt, da er eine hochtechnologische Lösung anstrebt, um das Überleben der Existenzebene, auf der sich die Erde – hier als Yrde bezeichnet – befindet, zu sichern. Hollydeva hingegen steht den Alchymisten entgegen, da deren jüngste Errungenschaften, insbesondere die Gen-Technologie zur Bekämpfung von Parasiten im Getreide, in Frage gestellt werden.

Diese Problematik spiegelt sich auch in unserer realen Welt wider: Ein besorgniserregendes Insekten- und Bienensterben sowie der Rückgang der Vogelpopulation sind bereits zu beobachten. Zudem wächst das Misstrauen gegenüber der Gesundheit und Verdaulichkeit von gentechnisch verändertem Getreide. Ist es möglich, dass bestimmte Industriezweige über das Ziel hinausschießen? Ist Gen-Technologie tatsächlich von Nutzen? Oder liegt dem gesamten Fortschritt ein fundamentaler Irrtum zugrunde?

Ich gestehe: Ich schätze die Errungenschaften der modernen Welt. Eine erfrischende Dusche am Morgen, der Genuss von Kaffee, das Autofahren oder das Surfen im Internet – all dies bereichert meinen Alltag. Nach einer Wanderung in der Natur und einer Übernachtung im Zelt kehre ich gerne zu hygienischen Bedingungen und einer Fülle an Informationen zurück. Dennoch bleibt berechtigter Zweifel bestehen. Ein Leben in der Natur könnte mich langfristig glücklicher und entspannter machen. Ich könnte mit den Bäumen kommunizieren, die aufatmen würden, wenn dieser ganze Spuk vorüber ist.

Gegen die Skepsis gegenüber dem Fortschritt sprechen zwei gewichtige Einwände. Der erste lautet: Es ist einfach so. Der menschliche Geist strebt unaufhörlich nach Erfindungen, Entdeckungen und Entwicklungen. Diese Dynamik ist Teil unserer Natur – sowohl als Individuen als auch als Gesellschaft. Sich von diesem Prozess zu distanzieren führt nicht zur gewünschten Harmonie, die wir Mystiker suchen. Im Wald zu meditieren ist einfach; wer in der modernen Welt meditiert, kann dies überall tun. Es ist legitim, auf negative Folgen bestimmter Erfindungen hinzuweisen und sie zu bekämpfen. Doch sollten wir darauf achten, dass wir nicht eine Trennung zur Welt schaffen, die größer ist als die unserer Nachbarn in ihrer künstlichen Realität.

Der zweite Einwand ist ebenso bedeutsam: Es wird oft gesagt, dass Krieg die Mutter des Fortschritts sei. Alchymisten wurden von Kaisern und Mächtigen angestiftet, neue Technologien zu entwickeln, um bessere Waffen zu schaffen oder finanzielle Mittel für Kriege zu beschaffen. Ist diese Phase nun vorbei? Könnten wir auf der Erde gemeinsam ohne Staaten und in Frieden leben? Wäre es möglich, diese kriegerische Entwicklung hinter uns zu lassen? Würden wir dann den technologischen Fortschritt, der teilweise zum Fluch geworden ist, ebenfalls hinter uns lassen?

Gegenwärtig erleben wir einen gewissen Rückschlag in die Ära des Kalten Krieges; ich sehe dessen Ursachen im drohenden Staatsbankrott der USA. Dennoch könnte es sein, dass die Zeit militärischer Konflikte vorbei ist. Es erscheint jedoch fraglich, ob es klug wäre, autonome bewaffnete Drohnen Kriege führen zu lassen – ein Gedanke, der an Science-Fiction-Filme wie „Terminator“ oder „Stargate Atlantis“ erinnert.

Die Frage nach der Existenz von Außerirdischen, die unseren Planeten angreifen könnten, um uns auszulöschen oder zu versklaven, bleibt offen. Sind solche Filme möglicherweise von der Rüstungsindustrie gefördert worden, um uns zu motivieren, Steuergelder für Waffen auszugeben? Oder könnten tatsächlich erobernde interstellare Horden existieren, gegen die wir uns mit allen Mitteln verteidigen müssen?

Die Europäer waren in ihrer Geschichte oft überlegen, weil sie auf ihrem kleinen Kontinent ständig im Krieg waren. Dies führte dazu, dass sie fitter wurden und ihre Immunsysteme durch ständige Exposition gegenüber Krankheitserregern stärker wurden. Krieg und Krankheit fördern also eine gewisse Fitness.

Zudem gibt es Gefahren wie den Einschlag von Asteroiden – Ereignisse, die in der langen Geschichte unseres Planeten nicht selten waren. Weltraumtechnologen beschäftigen sich bereits mit Strategien zur Ablenkung bedrohlicher Meteoriten oder Asteroiden.

Der Physiker James Tipler hat berechnet, wann das Universum kollabiert und wie eine hochentwickelte Menschheit diesen Kollaps möglicherweise verhindern oder nutzen könnte – ein Thema, das noch viel physikalisches Wissen erfordert. Terence McKenna hingegen kommt in seinem Werk zu dem Schluss, dass alles, was das kollektive Unterbewusstsein der Menschheit imaginiert und denkt, Realität werden wird; schließlich ist unsere Welt eine imaginierte.

Stehen wir vielleicht an einem Wendepunkt in der Geschichte, an dem wir uns entspannen und zu globaler Kooperation übergehen sollten? Brauchen wir noch Fortschritt?

Im Jahr 1890 äußerte irgendein Wissenschaftler kühn: „Es ist alles Physik entdeckt und erforscht.“ Diese Aussage wurde kurze Zeit später mehr als widerlegt und wird heute nicht einmal mehr erwähnt. Auch wenn heute viel mehr erforscht wurde: Es bleiben Rätsel ungelöst. Jüngste Messungen des Hubble-Teleskops haben einige Theorien zur Entstehung und Ausdehnung des Universums widerlegt.

Möglicherweise trifft auch die Simulationstheorie zu: Leben wir in einer Simulation? Wenn viele von uns erkennen würden, dass es eine Ebene oberhalb gibt, in der diese Simulation erschaffen und kontrolliert wird, könnte dies dazu führen, dass unsere Welt abgestellt und neu gestartet wird. Ein solches Thema wird in späteren Bänden der Geschichte von Hollydeva behandelt.

Insgesamt wird unter dem Begriff „Fortschritt“ vor allem technologischer Fortschritt verstanden. Gegenwärtig konzentriert man sich darauf, die Schäden zu beseitigen, die durch den bisherigen Fortschritt entstanden sind. Die Weiterentwicklung von Waffentechnologien birgt große Risiken für die Menschheit – insbesondere im Hinblick auf autonome waffenfähige Drohnen mit Künstlicher Intelligenz.

Ein weiterer Aspekt ist der Transhumanismus. Klaus Schwab – für viele eine wenig sympathische Figur – postuliert in einem Buch einen Menschen, der an die Borg erinnert: Eine Gruppe aus dem Star-Trek-Universum, mit der Captain Janeway zahlreiche Kämpfe austrägt. Die Borg verkörpern den Traum jener Menschen, die an Kollektivismus und technologische Optimierung glauben. Ich hingegen plädiere für Individualismus und Natürlichkeit; schließlich triumphiert Captain Janeway auch dank ihres individuellen Genies und ihrer Kampfkraft.

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